Ihr tragt den Namen Zeitz, darum nehme ich von diesen beiden oben genannten Herren erstmal Ludwig Konrad, genannt Louis Zeitz ins Visier. Nehmt bitte den Stammbaum zur Hand! 1. Ludwig Konrad, genannt Louis Zeitz Euer erstaunlicher Ur-Urgroßvater, war ein vielseitiger, unternehmerischer Mann, der "aus hartem Holze" geschnitzt war und von seinen Söhnen. und seiner Gefolgschaft viel verlangte, am meisten aber von sich selbst. Kaum großjährig geworden, machte er sich selbständig und gründete unter dem Firmennamen L. Zeitz ein Fuhrgeschäft, das er zu einem bedeutenden Unterrnehmen entwickelte. Das war ein einträgliches Geschäft, wenn man es gut orgaanisierte und Glück mit den pferden hatte. Wie sein Enkel Dr. med. Hugo Zeitz dem Chronisten (Anrn.: Ebeling) erzählte, hat Louis auch Verträge mit den Gruuben in Sulzbach und Dudweiler für die Beförderung von Menschen und Gütern, hier wohl nur über Tage, abgeschlossen. Er hatte so viele Pferde im Eigentum, daß er Pferdelazarette einrichten mußte. Zahlreiche Fuhrknechte und Kutscher beschäftigte er, die eine besondere Unterrkunft in der Nähe seines Hauses hatten. Es nimmt nicht Wunder, daß Ludwig angesichts der immer stärker wachsenden Familie und des zahlreichen Personals mit seinem ursprünglichen Wohnhaus in der heutigen Lazarettstraße nicht ausskam. (Anm. siehe Zeitungsausschnitt neben dem Knappschaftskrankenhaus). Er baute oder kaufte ein zweites Haus gegenüber und verband beide Häuser mit einer quer über die Straße gehenden Verbindungsbrücke. Man sah sie noch bis vor wenigen Jahren als Wahrzeichen reichen Kindersegens im Hause Zeitz". "Das war nicht sein einziger Grundbesitz Schmiede, Schlosserei, Sattlerei, Schreinerei waren zweifellos als Hilfsbetriebe des Fuhrunternehmens errichtet worden und bestanden nach Äußerungen von Dr. Hugo Zeitz noch um die Jahrrhundertwende. Die Schreinerei vergrößerte und verselbständigte sich zu einer Parkett- und Möbelfabrik. Ein Dampfsägewerk kam noch hinzu, und zwar mit der Aufnahme des noch zu beschreibenden Grubenholzhandels in den 70er Jahhren ..... Als die Kohlenförderung auf 3,5 bis 5 Millionen Tonnen anwuchs, geenügte der Ertrag der Saarländischen Forste nicht mehr und mußten die Bezugssgebiete des Holzes immer weiter ausgedehnt werden. 1886 errang Louis Zeitz durch geschicktes Taktieren die Monopolstellung im Grubenholzhandel, die über 36 Jahre durch zuverlässige und preiswerte Lieferungen aufrechterhalten wurde. Eine vorzügliche Organisation, die Größe des Umsatzes und die daraus resultierende Verminderung der Unkosten pro cbm Holz sorgten für die Rentabiilität" . "Eine erstaunlich große und risikoreiche geschäftliche Maßnahme war der Kauf des riesigen adligen Waldgutes Zimbro im Gebirge östlich von Arad im östliichen Ungarn. Der Kauf wurde Anfang der 80er Jahre abgeschlossen". Über die Größe des Gutes wußte Hugo Zeitz sen. von seinem Vater Johann, daß man mit dem besten zur Verfügung stehenden pferd einen ganzen Tag benötigt hätte, um das Gut zu umreiten. Mit dem Kauf von Zimbro sei, so wurde vage überliefert, geplant gewesen, Kohlen nach Ungarn zu liefern und die gleichen Waggons zum Rücktransport des Holzes zu benutzen. "Auf Zimbro wurden auf Geheiß des Seniorchefs Louis unter der Leitung sei- nes Sohnes Johann (Euer Urgroßvater) Holzabfuhrwege, eine Feldeisenbahn, ein Sägewerk gebaut. Vermutlich scheiterte an diesen ungeheuren Kosten die "Unternehmung Zimbro", und 1888 verkaufte Ludwig Konrad den Besitz wieder. Ebenfalls Ende der 80er Jahre übergab er sein Geschäftsvermögen seinen Söhhnen, in dem überlieferten notariellen Vertrag vom 7.7.1890 - Ludwig Konrad starb am 28.11.1890 - wurde die Firma in eine Kommanditgesellschaft umgeewandelt". (Auch heute noch interessante nähere Einzelheiten können in der Familiennchronik Ebeling nachgelesen werden). Von Ludwig Konrad zu seiner Ehefrau Maria Margarethe Gottschall, die er als 19-jährige heiratete und mit der er in 24 Jahren 15 Kinder hatte, 10 Söhne und 5 Töchter. Margarethe war Tochter des wohlhabenden Landwirts und Fuhrunternehmers Joh. Friedrich Gottschall, und sie brachte nicht unbeträchtliches Vermögen mit in die Ehe. Margarethe stand ihrem Mann in der "Größe ihrer Leistungen", an Arbeitskraft und Unermüdlichkeit nicht nach; dazu war sie eine Frau und Mutter von großer Herzensgüte. Es ist kaum faßbar, daß sie auch noch Zeit fand, für Arme und Kranke zu sorgen und zu kochen, Salben selbst anzufertigen und damit Kranke zu behandeln. Dabei saßen an ihrem riesengroßen Eßtisch außer der Familie auch noch ein bis zwei Oberknechte, bisweilen auch Geschäftsfreunde ihres Mannes oder auch Bedürftige, wie in der Familie erzählt wird. Im Dorf soll man ihr den Beinamen 'die Giedich' (Gütige) gegeben haben. Von kleiner und rundlicher Statur war sie dennoch behende. Doch plagten sie - 4 - ihre Krampfadern stark, und so wurde denn auch eine Venenentzündung die letzte Ursache für Ihren Tod mit 48 Jahren. "Ludwig Konrad ließ seinen Kindern eine gediegene Ausbildung zuteil werden. Seine Söhne mußten die Obersekundareife, das Einjährige, erwerben und ein Holzhandwerk erlernen, wie Schreiner, Zimmermann oder auch Sägewerker. Er gab ihnen so das Rüstzeug zum praktischen und gebildeten Unternehmer. Auch die 3 Töchter erhielten eine angemessene und gute Schulbildung. Der Vater brachte sie nach dem Tod der Mutter in die höhere Töchterschule nach Metz, später besuchten sie ein Pensionat in Homburg" . Sie heirateten Akademiker; einen Gymnasialprofessor Doktor, einen Amtsrichhter und einen Geheimen Justizrat sowie einen Professor. Aus den Jugenderinnerungen einer Tochter von Ludwig Konrad und Margarethe Zeitz seien nun hier zur Charakterisierung des persönlichen Zeitze- Lebens in Sulzbach einige Passagen im Wortlaut wiedergegeben: "Das erste, was wir Kleinen, wenn wir kaum sprechen konnten, auswendig gelernt haben, war: Louis, Johann, August, KareI, Fritz, Emma, Lina, Gretchen, Franz, Paul, Gustel, Emil. (Anm. die Geschwisternamen der lebenden). Das wurde dann meist nachher in schnellerem und schnellstem Tempo hergesagt. Wir waren eine vergnügte, aber keine laute Kinderschar. Bei Tisch wurde wenig oder gar nicht gesprochen. Oft waren Gäste zum Essen da, meist Leute, die geschäftlich mit Vater zu tun hatten. Der Gast bekam immer den Platz rechts vom Vater, der das Präsidium hatte. Mutter rückte dann eins herunter. Louis als Ältester saß links vom Vater. Dann ging es dem Alter nach immer weiter, bis das Jüngste, das schon mitessen durfte, den Platz neben Mutter hatte. - 5 - Es gab jeden Tag gekochtes Rindfleisch mit Beilage, je nach Jahreszeit verrschieden. Dienstag und Freitag waren Mehlspeisen an der Tagesordnung. Die anderen Tage gab es Braten oder Koteletten mit Kartoffeln, Gemüse und Sauce. Milch und Eier hatten wir immer genug und übergenug, da wir immer 2 Kühe im Stall hatten und Hühner. Meine ersten Erinnerungen reichen zu den Anfängen der siebziger Jahre zurück. Der Unterstock vom alten Haus, der sonst vermietet war, war im Krieg leer, und da lag dann die Einquartierung auf Stroh. Oben auf dem Werk, wie damals der Holzplatz hieß, lagen auch viele Verwundete auf Stroh. Sie hatten da wenigstens ein Dach über sich und etwas Verpflegung. Louis, Johann und August sahen der Schlacht von Spichern von weitem zu, ohne daß wahrscheinlich die Eltern etwas davon wußten. Die Brüder kamen nachts um halb zwei mit verschiedenen Verrwundeten heim. Oben unser Speicher war angefüllt mit Weizen, Gerste, Mehl, Kaffee, Erbsen, Bohnen, Linsen und allen möglichen Lebensmitteln, Sack an Sack, so weit der Speicher reichte. Die Räucherkammer nebenan bot fetten und mageren Speck, Schinken und Würste in Masse. Für wieviele Menschen damals bei uns gekocht wurde, läßt sich gar nicht sagen. Alles war ja in Hülle und Fülle da und wurde als selbstverständlich gerne gegönnt. Im Jahre 1876, am 24. Oktober, konnten unsere lieben Großeltern Gottschall das seltene Fest ihrer goldenen Hochzeit feiern. Ich glaube, ihrer bescheidenen und stillen Art nach war es gar nicht nach ihrem Sinn, so gefeiert zu werden. Bei uns im Hause Zeitz wurde sie gefeiert und wochenlang wurden die Vorbeereitungen dazu getroffen. Im Dreimädelzimmer im alten Haus wurden die zwei Holzwände herausgeholt, und es entstand ein großer, langer und schöner Saal, - 6 - der nachher noch verschiedentlich zu Hochzeiten zur Geltung kam. An Porzelllan und Gläsern wurden große Anschaffungen gemacht, denn so viel Geschirr, wie an dem Tage gebraucht wurde, war selbst in dem großen Haushalt nicht vorhanden. Der geschickte Schlosser und Gasmeister Karl Weingart legte die Gasleitung auch auf den Balkon, denn da sollten am Abend des festlichen Tages die kleinen Gasflämmchen leuchtend zur hochfestlichen Stimmung mit beitraagen. Großmutter und Großvater wurden zur Kirche "gefahren und vorher kam der Spieler-Louis und fragte: "Herr Zeitz, well Perd soll ich dann vor die Halbbschees spanne?" Mein Vater: "Ei, dann spann die Abbelschimmelcher davor, die basse am beste for die graue Haar"! So gesagt, so getan. Abends, als es anfing dunkel zu werden, erstrahlte der Balkon in strahlender Beleuchtung mit rechts und links unseren schönen schwarz-weiß-roten Fahnen, die lang festlich herunnterhingen. Unten stand eine große Volksmenge, Kopf an Kopf. Großvater hielt noch eine Rede vom Balkon herab und lud alle ein, die schon goldene Hochzeit gefeiert hätten, die möchten heraufkommen und mitfeiern. Ein Weihnachten ist mir noch in besonders guter Erinnerung. Es mag 74 oder 75 gewesen sein. Da bekamen wir Mädchen ein Sofa, einen runden Tisch, eine Kommode und einen kleinen Schrank, den wir heute noch besitzen. Auf dem saß zu unserem Entzücken eine feine Puppe mit einem Wachskopf und langen blonnden Locken, die über den halben Rücken herunterwallten, feiner Unterwäsche, einem schwarzseidenen Taftkleid mit Tunika, umsäumt mit kornblumenblauem eingezogenen Band. So etwas Feines hatten wir noch nie gehabt. Dem sehr frohen Weihnachten, einige Jahre später, muß ich das traurigste geegenüberstellen im Jahre 1877, als unsere gute Mutter am 2. Dezember gestorben - 7 - war. Da gab es keinen Baum. Louis und Johann fuhren am Vorabend nach Saarbrücken, um wenigstens für uns Kleinste Etwas zu haben. Sie gingen in einen Laden, wo jedes Stück 50 Pfennig kostete, und erstanden für mich eine Miniatur-Puppenstube, die vielleicht vorne 25 cm lang war, sich nach hinten zuspitzte und einige kleine Möbel enthielt, für mein Alter ja schon viel zu klein. Aber ich wußte das doch schon zu schätzen, daß die großen Brüder uns doch Freude machen wollten. Aber keine Freude kam an diesem Abend auf. Unsere gute Mutter fehlte uns überall und überall. Später, als in Ungarn das große Gut Zimbro in Comitad Arad gekauft war, hattten wir ein schönes Apfelschimmelchen namens Mimi, das Vater von Zimbro mitgebracht hatte, weil er so viel Spaß daran hatte, weil es ihm in den Wäldern stundenlang nachgelaufen war wie ein Schäfchen. Als Mimi später in Sulzbach war, wollten sie versuchen, ein Reit- oder Wagenpferd aus ihm zu machen. Beiides mißglückte. Sonst sanft wie ein Lamm, dann aber schlug es hinten und vorne aus, bäumte sich auf, kurz, es war nichts mit ihm anzufangen, und das bei den vielen guten Reitern wie Vater und sämtlichen Brüdern. Auch wir Töchter erlernten die Reitkunst. Im Nu war ein Damensattel, ein Reitkleid und ein Zylinder zur Stelle. Was hatten wir für eine schöne Jugend! Die Spieluhr, die im Besitz von Hugo Zeitz in Heidelberg ist (Anm. War! Weil keiner ihren materiellen und ideellen Wert erkannte, hat die Oma Wieblingen sie irgendjemanden mitgegeben, sie war einfach verschwunden, ein Jammer für alle - heute noch). Sie wurde sehr oft aufgezogen, so gern hörten wir sie alle, und wie oft drehten sich jugendliche Paare in fröhlichem Tanze im Kreise. Unser Vater war ein ernster, strenger Mann, der sein Geschäft mit Umsicht und Weitblick vorwärts brachte und der es sich angelegen sein ließ, seinen Kindern eine entsprechende Bildung zukommen zu lassen. Ich habe nie gehört, daß Vater - 8 -